Flimmern und stroboskopische Effekte

Unter Flimmern versteht man im Allgemeinen eine periodische Schwankung der Intensität des Lichtes.

Starke Intensitätsschwankungen bei niedrigen Frequenzen (< 60 Hz) sind mit bloßem Auge sichtbar. Ein solches Flimmern wird in der Regel als unangenehm empfunden und kann unter Umständen zu erheblichen Störungen des Wohlbefindens führen. Bis zu einer Frequenz von 100 Hz ist Flimmern im peripheren Gesichtsfeld wahrnehmbar. In welchem Maße das Flimmern als störend oder akzeptierbar empfunden wird, hängt in hohem Maße von den Umgebungsbedingungen vor Ort und der zu verrichtenden Sehaufgabe ab.

Außerdem können Flimmern und Intensitätsschwankungen höherer Frequenzen zu Stroboskopeffekten führen. Zum Beispiel überlagert sich die periodische Lichtschwankung mit der periodischen Bewegung rotierender oder sich hin- und herbewegender Maschinenteile und verändert dadurch die Wahrnehmung des Bewegungsverlaufs. Dies kann zu gefährlichen Fehleinschätzungen führen.

Aber auch ohne sichtbare Wahrnehmung kann Flimmern bis zu Frequenzen von ca. 400 Hz bei empfindlich veranlagten Personen mit dem Auge erfasst werden und zu direkten physiologischen Auswirkungen führen.

Beleuchtungssysteme sollten deshalb grundsätzlich so ausgelegt werden, dass störendes Flimmern und Stroboskopeffekte weitestgehend vermieden werden. Um dennoch auftretendes Flimmern bezüglich der unterschiedlichen Aspekte seiner Auswirkungen zu bewerten, haben sich unterschiedliche Bewertungsschemata als sinnvoll erwiesen, die weiter unten beschrieben werden.

Häufige Ursache eines Flimmerns ist die 50-Hz-Netzspannung, mit der das Leuchtmittel bzw. das Betriebsgerät des Leuchtmittels versorgt wird. Beim Null-Durchgang der Spannung ist die Aufrechterhaltung des Lichtstroms nicht gewährleistet, was in der Regel zu einem 100-Hz-Flimmern führt.

Bei Einsatz von LED-Leuchten ist zu beachten, dass die LEDs in der Regel zwar mit stabilisierter Gleichspannung betrieben werden, ein gedimmter Betrieb jedoch häufig mittels einer Pulsweitenmodulation (PWM, siehe auch Kapitel „Dimmung durch Betriebsstromregulierung und Pulsweitenmodulation”) realisiert wird. Die Frequenz der PWM sollte bei hochwertigen LED-Leuchten über 400 Hz betragen, womit die oben erwähnten negativen physiologischen Effekte sicher vermieden sind. In industriellen Betrieben muss eine Gefährdung durch stroboskopische Effekte ggf. gesondert betrachtet werden.

Bei LED-Retrofit-Lampen wird häufig auf eine aufwendige Gleichstromerzeugung zur Versorgung der LEDs verzichtet. Ein deutliches 100 Hz-Flimmern ist dabei die Folge, die zu den oben erwähnten Beeinträchtigungen führen kann (siehe auch Abbildung im Kapitel „Induktive Vorschaltgeräte”).

Flimmern und stroboskopische Effekte sind beim Betrieb von Entladungslampen durch die Verwendung von elektronischen Vorschaltgerät (EVG) mit deutlich höheren Frequenzen im Allgemeinen vermeidbar.

Flickerfaktor und Flickerindex

Abbildung 3.29:

Die Werte Emax und Emin dienen zur Berechnung der Modulationstiefe bzw. des Flickerfaktors. A1 und A2 dienen zur Bestimmung des Flickerindex, der auch den zeitlichen Verlauf der Beleuchtungsstärke berücksichtigt.

In technischen Zusammenhängen wird zur Beschreibung eines periodischen Flimmerns häufig der englische Begriff „Flicker” verwendet. Zur Bemessung des Flickers werden in der Praxis zwei unterschiedliche Größen herangezogen:

  • der Flickerfaktor und

  • der Flickerindex.

Der Flickerfaktor charakterisiert die Modulationstiefe der zeitlichen Änderung der Beleuchtungsstärke an einem Ort. Er ergibt sich aus dem Minimum und dem Maximum der Beleuchtungsstärke innerhalb einer Periode zu:

Dabei kann die Beleuchtungsstärke am betreffenden Ort durch eine oder mehrere Lichtquellen erzeugt worden sein. Bei mehreren Quellen ist ggf. der Lichteinfall aus unterschiedlichen Richtungen einzeln zu berücksichtigen. In
der Praxis wird der Flickerfaktor z. B. herangezogen, um die Eignung einer Lichtquelle für Sportereignisse zu bewerten, wenn Film- oder Fernsehaufnahmen in Zeitlupen-Qualität aufgenommen werden sollen (siehe Kapitel  „Beleuchtung für Fernseh- und Filmaufnahmen”).

Der Flickerindex berücksichtigt neben der Modulationstiefe auch den zeitlichen Verlauf der Beleuchtungsstärke, d. h. die Kurvenform, mittels der Flächen A1 und A2 gemäß der Abbildung 2.27 mit der Formel

Short-Term-Light-Modulation und Stroboscopic Visibility Measure

Flickerfaktor und Flickerindex beschreiben die Form der Intensitätsschwankungen des Lichtes, unabhängig von seiner Frequenz. In technischen Zusammenhängen hat sich dies als sinnvoll erwiesen. Denn der Einfluss der Frequenz auf den Effekt des Flickers ist abhängig von ihrem Verhältnis zu der sich überlagernden Frequenz des betreffenden technischen Systems selbst, wie z. B. der Drehfrequenz einer Maschine oder der Bildfrequenz einer Kamera.

Die Frequenzabhängigkeit der Wahrnehmung eines Flimmerns kann hingegen als eindeutig vorgegeben angenommen werden. Zwei in jüngster Vergangenheit entwickelte Verfahren stehen zur Verfügung, um diese zu beschreiben:

  • Das PLMst -Verfahren (Short-Term-Light-Modulation) beschreibt die direkte Wahrnehmung im Frequenzbereich von 0,3 Hz bis 80 Hz. Das Flimmern dieser niedrigen Frequenzen kann bei ruhendem Blick in einer ruhendenUmgebung wahrgenommen werden.

  • Das SVM-Verfahren (Stroboscopic Visibility Measure) beschreibt die Wahrnehmung von stroboskopischen Effekten im Frequenzbereich oberhalb von 80 Hz bis 2.000 Hz. Zur Wahrnehmung des Flimmerns dieser erhöhten Frequenzen ist eine Bewegung erforderlich. Es kann sich sowohl der betrachtete Gegenstand für eine Ortsveränderung als auch das Auge für eine Änderung der Blickrichtung bewegen. In beiden Fällen ist ein Flimmern auf Grund des nicht kontinuierlich beleuchteten Bewegungsablaufs wahrnehmbar.

Beide Bewertungsverfahren befinden sich im Stadium der Standardisierung. Sie berücksichtigen die  Frequenzabhängigkeit der menschlichen Wahrnehmung und definieren Messverfahren, die in Flicker-Messgeräten umgesetzt werden. Die Details der PLMst-Bewertung sind in der IEC-Publikation IEC/TR 61547-1 und der Norm EN 61000-4-15 definiert. Das SVM-Verfahren ist in dem technischen Fachbericht DIN SPEC 43197:2019-06 beschrieben.