Direktblendung

Der Grad der psychologischen Direktblendung durch Leuchten einer Beleuchtungsanlage im Innenraum kann nach einer Formel bestimmt werden:

Dabei ist:

  • RUGL
    der Blendwert nach dem international vereinheitlichten Verfahren zur Beschreibung der psychologischen (Direkt-)Blendung,

  • Lb
    die Hintergrundleuchtdichte in cd/m2, berechnet als Eind/π mit Eind als vertikaler Indirektbeleuchtungsstärke am Beobachterauge,

  • L
    die mittlere Leuchtdichte in cd/m2 der Lichtaustrittsfläche jeder Leuchte in Richtung des Beobachterauges,

  • Ω
    der Raumwinkel in Steradiant (sr) der Lichtaustrittsfläche jeder Leuchte, bezogen auf das Beobachterauge,

  • ρ
    der Positionsindex nach Guth für jede einzelne Leuchte, abhängig von deren räumlicher Abweichung von der Hauptblickrichtung.

Das vereinheitlichte UGR-Verfahren (Unified Glare Rating- Verfahren) beruht auf einer Vielzahl von ähnlichen Blendungsbewertungs-Methoden. Diesen wiederum liegen Untersuchungen zugrunde, bei denen systematisch lichttechnische Größen von Blendlichtquellen und deren Umfeld verändert und deren Auswirkungen auf das Blendurteil von Beobachtern in einer Blendskala dokumentiert wurden. Die Blendskala besteht aus sieben Blendungsgraden:

0

keine Blendung

1

Blendung zwischen nicht vorhanden und merkbar

2

Blendung merkbar

3

Blendung zwischen merkbar und störend

4

Blendung störend

5

Blendung zwischen störend und unerträglich und

6

Blendung unerträglich, unzumutbar.

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind in dieser Blendformel zusammengefasst, die zu einem RUGL-Wert führt. Das Verfahren ist ausführlich im Technical Report CIE 117 (1995) „Discomfort Glare in Interior Lighting“ beschrieben.

Das UGR-Verfahren ist für die meisten Blendlichtquellen (insbesondere auf Leuchten) anwendbar. Eine UGR-Bewertung ist nicht möglich bei

  • indirekt-strahlenden Leuchten

  • Einzelplatzleuchten und

  • Strahlern der Akzentbeleuchtung.

Bei asymmetrisch strahlenden Leuchten muss darauf geachtet werden, dass die Lichtstärken in Beobachterrichtung bewertet werden. Eine Leuchtenkennzeichnung mit RUGL-Referenzwerten ist daher für solche Leuchten nicht sinnvoll.

Psychologische Blendung durch Fenster ist noch nicht abschließend untersucht. Hierfür steht zurzeit kein geeignetes Blendungsbewertungs-Verfahren zur Verfügung.

Psychologische Blendung kann nicht durch genaue Zahlenwerte (etwa mit einigen Stellen hinter dem Komma) beschrieben werden, sondern nur in einem Zahlenbereich (Stufen), der das statistisch gesicherte Blendempfinden einer Vielzahl von Beobachtern widerspiegelt. Daher sind die RUGL-Werte in Stufen mit den genormten UGR-Grenzwerten 13, 16, 19, 22, 25 und 28 unterteilt.

Der RUGL-Wert 19 z. B. entspricht einem Blendungsgrad von 1,5, also einem Beobachterurteil zwischen dem Blendungsgrad 1 (Blendung zwischen nicht vorhanden und merkbar) und dem Blendungsgrad 2 (Blendung merkbar). RUGL = 19 bedeutet auch, dass sich etwa 65 % der Beobachter durch Blendung „gerade nicht gestört“ fühlen.

UGR-Tabellenmethode

Die UGR-Formel kann für realistische Beobachtungsbedingungen und anlagenspezifische Annahmen, z. B. Leuchteneigenschaften, Leuchtenanordnung, Reflexionsgrade der Raumbegrenzungsflächen usw. ausgewertet werden. Dafür stehen entsprechende Computerprogramme zur Verfügung.

Die in EN 12464-1 für die verschiedenen Sehaufgaben festgelegten RUGL-Grenzwerte dürfen von der Beleuchtungsanlage im Neuzustand nicht überschritten werden und gelten für Anlagenwerte, die nach der UGR-Tabellenmethode ermittelt wurden.

Der Tabellenmethode liegt auch die UGR-Formel zugrunde, jedoch mit standardisierten Rahmenbedingungen. Diese Rahmenbedingungen sind:

  • Standardisierte Beobachterbedingungen: Der sitzende (stehende) Beobachter betrachtet die Leuchtenanordnung von der Wand des Raumes aus mit der Augenhöhe 1,2 m (1,7 m) über dem Boden (Abb.).

  • Standardisierte Raumgrößen x und y, die als Vielfaches der „Leuchtenhöhe H über dem Beobachterauge“ angegeben sind.

  • Standardisierte Leuchtenanordnungen: Die Leuchten sind regelmäßig längs oder quer an der Decke angeordnet (Abb.).

  • Standardisierte Reflexionsgrade von Decke, Wänden und Boden.

  • Lichttechnische Eigenschaften (mittlere Leuchtdichte der Lichtaustrittsfläche) der betreffenden Leuchten.

UGR-Tabellen werden vom Leuchtenhersteller zur Verfügung gestellt. Der Planer ordnet die zu bewertende Beleuchtungsanlage in diese Standardvorgaben ein und entnimmt den Tabellen den UGR-Wert für die Blickrichtung des Beobachters „parallel zu den Leuchten“ bzw. „quer zu den Leuchten“, siehe auch Beispiel unter Abschnitt „Anwendung der UGR-Tabellen“ auf den folgenden Seiten. In den meisten Fällen ist es ausreichend, den RUGL-Wert für die Hauptblickrichtung zu bestimmen.

Alle bei der Ermittlung des RUGL-Wertes getroffenen Annahmen müssen in der Planungsdokumentation aufgeführt werden. Die Änderung des RUGL-Wertes für unterschiedliche Beobachterpositionen in einem Raum kann mit Hilfe der Formel (oder einer erweiterten UGR-Tabelle) ermittelt werden. Wenn der größte  RUGL-Wert in einem Raum den genormten RUGL-Grenzwert überschreitet, sollten Angaben über die geeignete Anordnung der Arbeitsplätze gemacht werden, um diese in blendfreien Bereichen anzuordnen.

Als standardisierte Leuchtenanordnung wurde eine eher selten anzutreffende, sehr enge Leuchtenanordnung gewählt, um den RUGL-Wert der Anlage möglichst unabhängig von der Beobachterposition zu ermitteln. Wie Abbildung zeigt, tragen bei einer engen Leuchtenanordnung auch mehr Leuchten zur Blendwirkung und damit zum berechneten RUGL-Wert bei als bei großen Leuchtenabständen, bei denen allerdings der RUGL-Wert stärker von der Position des Beobachters abhängt. Um die Variation des RUGL-Wertes in Abhängigkeit von der Beobachterposition möglichst klein zu halten, ist den UGR-Tabellen eine theoretische, für längere Leuchten eher unrealistische Leuchtenanordnung mit kleinen Leuchtenabständen von s = 0,25 · H in den Richtungen x und y zugrunde gelegt. Zum Beispiel bei H = 1,8 m ist der Leuchtenabstand s = 0,45 m, d. h. kürzer als z. B. eine Leuchte für Leuchtstofflampen L 36 W. Damit wird mit der Tabellenmethode die Blendung eher für den kritischen Fall bewertet.

Die Anwendung der vom Leuchtenhersteller für die betreffende Leuchte geltenden UGR-Tabellen ist relativ einfach (siehe markiertes Beispiel unter „Anwendung der UGR-Tabellen“). Eventuell müssen die Tabellenwerte aufgrund abweichender Leuchteneigenschaften noch korrigiert werden. Das ist z. B. der Fall,

  • wenn ein anderer Lampenlichtstrom Φ als der den Tabellen zugrunde gelegte Lichtstrom Φ0 verwendet wird. Es gelten die Neuwerte der Lichtströme.

  • RUGL(Φ) = RUGL0) + 8 lg(Φ/Φ0) - wenn sich bei sonst gleichen (relativen) lichttechnischen Eigenschaften der Leuchte die leuchtende Fläche A gegenüber der Fläche A0 der Basisleuchte ändert, z. B. bei Leuchten für stabförmige Leuchtstofflampen aufgrund unterschiedlicher Lampenlängen.

  • RUGL(A) = RUGL(A0) – 8 lg(A/A0)

  • wenn sich der Leuchtenwirkungsgrad η gegenüber dem Wert η0 der Basisleuchte ändert.

  • RUGL(η) = RUGL0) + 8 lg(η/η0)

Abbildung 3.14: Standardisierte Anordnung von Beobachter und der horizontalen Leuchtenebene, die sich für sitzende Beobachter in H = h – p –1,2 (Werte in m) über dem Beobachterauge befindet, wobei p die Länge der Abhängung der Leuchtenreihe ist.

Abbildung 3.15:

Bei einer engen Leuchtenanordnung mit s = 0,25 H ist der RUGL-Wert nahezu unabhängig vom Beobachterstandort.

Abbildung 3.16:

Bei einer weiten Leuchtenanordnung ergibt sich für Beobachter B1 ein geringer RUGL-Wert, für Beobachter B2 ein höherer RUGL-Wert, beide Werte liegen im Allgemeinen jedoch unter dem RUGL-Wert der engen Leuchtenanordnung.

Nach EN 12464-1 kann den UGR-Tabellen grundsätzlich auch ein größerer Leuchtenabstand als s = 0,25 * H zugrunde gelegt werden. Im Vergleich der RUGL-Werte verschiedener Herstellerangaben ist – insbesondere im internationalen Vergleich – auf die Dokumentation des für die Tabellenwerte angenommenen Leuchtenabstandes s zu achten. Zum Beispiel wird in Großbritannien ein Leuchtenabstand s = 1,0 * H bevorzugt, was im Allgemeinen zu geringen RUGL-Werten führt. Die Folge ist, dass die Lampen in den Leuchten weniger stark abgeschirmt werden müssen, um die RUGL-Grenzwerte einzuhalten. Damit steigen auch der Leuchtenwirkungsgrad und die energetische Effizienz der Beleuchtung. Jedoch muss in dem Fall der Planer die Varianz der RUGL-Werte bei veränderter Beobachterposition untersuchen, um den Bereich mit den höchsten RUGL-Werten zu ermitteln und die Arbeitsplätze danach positionieren. Bei einem Leuchtenabstand von s = 0,25 * H entfällt dieser zusätzliche Planungsaufwand.

Abbildung 3.17: Standardisierte, gleichmäßige Leuchtenanordnungen für das UGR-Tabellenverfahren. Blickrichtung des Beobachters quer (links) und parallel (rechts) zur Lampen-/Leuchtenlängsachse, die parallel zur längeren (oben) oder kürzeren (unten) Raumseite orientiert sein kann. Die Koordinate x liegt quer, die Koordinate y liegt parallel zur Blickrichtung. Die Werte für x und y sind Beispielwerte, die blau und schwarz gekennzeichnet in der Tabelle 3.5 wieder aufgenommen werden.

Anmerkung: Für das UGR-Verfahren wurde ein beobachterbezogenes und nicht ein raumbezogenes Koordinatensystem gewählt: Der Beobachter blickt immer in y-Richtung, unabhängig davon, ob diese Koordinate parallel zur längeren oder zur kürzeren Raumseite verläuft. Wechselt der Beobachter seine Blickrichtung, wechseln damit auch seine Koordinaten bezüglich des Raumes. Für rotationssymmetrische bzw. quasi rotationssymmetrische Leuchten, wie z. B. Downlights, entfällt diese Unterscheidung.

Tabelle 3.5:

Beispiel für eine auf einen bestimmten Lampenlichtstrom korrigierte UGR-Tabelle einer bestimmten Leuchte für standardisierte Raumabmessungen x und y als Vielfaches der Leuchtenhöhe H über dem Beobachterauge (Definition siehe Abb.), mit standardisierten Reflexionsgraden und für die Blickrichtungen quer und längs zu den Leuchten. Die markierten Werte sind die Referenzwerte 4H, 8H für die betreffende Leuchte. Lage der Koordinaten x und y bezüglich des Beobachters, des Raumes und der Lampen-/Leuchtenachse siehe Abb..

Anwendung der UGR-Tabellen

1. Bestimmung der Leuchtenhöhe über dem Beobachterauge H = h – p – 1,2 m für sitzende bzw. H = h – p – 1,7 m für stehende Personen. Beispiel: Raumhöhe h = 3,0 m, Leuchten in Deckenmontage (p = 0 m), für sitzende Personen ist H = 1,8 m.

2. Aus den Raumabmessungen (Beispiel: Raumlänge L = 14,0 m, Raumbreite B = 7,5 m) wird das Vielfache der Leuchtenhöhe über dem Beobachterauge H ermittelt:

L/H = 14 m /1,8 m   =>   L = 7,8 H und

B/H = 7,5 m /1,8 m   =>   B = 4,2 H.

3. Die Leuchten sind parallel zur längeren Raumseite montiert (siehe Skizze1). Aus der leuchtenspezifischen UGR-Tabelle sind für die zutreffenden Reflexionsgrade von Decke, Wänden und Boden (im Beispiel 0,7, 0,5, 0,2) die RUGL-Werte nach folgender Ableseregel 1 zu entnehmen (siehe auch Tab.), wobei ggf. Zwischenwerte zu interpolieren sind:

Tabelle 3.6

Die Werte sind in Tabelle mit |..| markiert.

4. Eventuell müssen die RUGL-Werte noch hinsichtlich des Lampenlichtstroms oder anderer Leuchtendaten korrigiert werden.

Skizze 1

Würde die Lampen-/Leuchtenachse parallel zur kürzeren Raumseite orientiert sein, müssten die RUGL-Werte aus der leuchtenspezifischen UGR-Tabelle nach folgender Ableseregel 2 entnommen werden:

Tabelle 3.7

Die Werte sind in Tabelle unterstrichen.

Skizze 2

UGR-Referenzwerte 4H, 8H

Abbildung 3.18:

Die Bestimmung der RUGL-Werte ist nach einer der drei Methoden möglich.

Sind die Raumabmessungen und Reflexionsgrade zum Zeitpunkt der Planung nicht bekannt, können UGR-Referenzwerte für den Referenzraum mit den Abmessungen 4H und 8H, für die Reflexionsgrade für die Decke von 0,7, für die Wände von 0,5 und für den Boden von 0,2 und für die Blickrichtung quer und längs zu den Leuchten zur Beurteilung der Blendung herangezogen werden. Diese RUGL-Referenzwerte werden auch zur Leuchtenkennzeichnung verwendet. Die Leuchtenanordnungen und Beobachterstandorte sind in Abb. blau markiert, die Referenzwerte sind in Tabelle grau hinterlegt.

Beispiel: Bei einer Raumhöhe von h = 3,0 m und Leuchten in Deckenmontage (Pendellänge p = 0,0 m) ist H = h – p – 1,2 m = 1,8 m und der Referenzraum hat die realen Abmessungen 4H = 7,2 m und 8H = 14,4 m.