Lebensdauer von LED-Leuchten

Auch bei LED-Leuchten nimmt der Lichtstrom mit steigender Betriebsdauer ab. Dieses Verhalten wird als Lichtstrom-Degradation bezeichnet. Totalausfälle von LED-Leuchten treten in der Regel allerdings erst nach sehr langer Zeit auf, wenn die Degradation bereits sehr weit fortgeschritten ist. Aus diesem Grunde spielt der Totalausfall bei der Betrachtung der Lebensdauer solcher LED-Produkte eine eher untergeordnete Rolle. Lediglich bei Einzel-LEDs ist deren Totalausfall - z. B. wie als “Pixelfehler” auf einem LED-Display - erkennbar.

Eine gebräuchliche Definition der Lebensdauer für LED-Retrofit-Lampen für den Haushaltsgebrauch ist - in Anlehnung an die Ausfallrate der Glühlampe - der Zeitpunkt der Degradation auf 50 % des Lichtstroms des Neuproduktes (Bemessungslichtstrom).

Mittlere Bemessungslebensdauer (Lx)

Abbildung 3.253:

Beispielhafte Darstellungen der Lichtstromrückgänge für unterschiedliche mittlere Bemessungslebensdauern Lx.

Für LED-Leuchten ist keine einheitlich gebräuchliche Definition der Lebensdauer - sei es eine „Nennlebensdauer” oder eine „wirtschaftliche Lebensdauer” - etabliert.

Stattdessen ist es üblich, die „mittlere Bemessungslebensdauer” auszuweisen, die sich auf einen spezifizierten Grad der Lichtstromdegradation bezieht.

Die Angabe der mittleren Bemessungslebensdauer erfolgt in der Form

Der Wert des Index x im Ausdruck Lx beziffert den prozentualen Restlichtstrom einer Leuchte nach Ablauf der angegebenen Zeitspanne. Es gilt:

  • - Lx, der mittleren Bemessungslebensdauer,

  • Φ(Lx), dem Lichtstrom der Leuchte zum Zeitpunkt Lx,

  • ΦB, dem Bemessungslichtstrom (Lichtstrom im Neuzustand)

  • x, dem Restlichtstrom der betreffenden Leuchte am Ende der Lebensdauer Lx, Angabe in %.

Diese Definition für die Lebensdauer von LED-Leuchten ist in einer Vereinbarung der europäischen Leuchtenindustrie („Evaluating performance of LED based luminaires, Guidance Paper”) aus dem Januar 2018 empfohlen.

Die Angabe der Lebensdauer

bedeutet also z. B., dass die betreffende Beleuchtungsanlage nach 50.000 Betriebsstunden mindestens noch 80 % ihres (im Neuzustand verfügbaren) Bemessungslichtstromes erzeugt.

Bis zum Erreichen der Bemessungslebensdauer kann der Verlauf des Lichtstromrückgangs (Degradation) vereinfachend als linear angesehen werden (siehe Abbildung).

Dann gilt:

(Formelzeichen siehe oben).

In der Praxis kann diese Näherung oft auch über die vom Hersteller angegebene Bemessungslebensdauer hinaus, für einen Zeitraum bis zu 1,5 ⋅Lx, angewendet werden (siehe auch Tabellen im Kapitel, „Der Lampenwartungsfaktor einer LED-Leuchte”).

Im Markt gebräuchliche Angaben zur mittleren Bemessungslebensdauer beziehen sich auf unterschiedliche Degradationsgrade: L90, L85, L80, L70 und L50. In gewissen Grenzen lassen sich diese Werte ineinander umrechnen (siehe Fußnote).

Die Wahl des Index x der mittleren Bemessungslebensdauer wirkt sich signifikant auf den in der  Beleuchtungsplanung anzusetzenden Wartungsfaktor aus. Angaben dazu sind den Tabellen des Kapitel, „Der Lampenwartungsfaktor einer LED-Leuchte” zu entnehmen.

Im Detail betrachtet handelt es sich bei der „mittleren Bemessungslebensdauer” um einen statistischen Mittelwert.

Bemessungslebensdauer, allgemeine Formulierung (LxBy)

Die oben beschriebene „mittlere Bemessungslebensdauer” beruht auf einer allgemeineren Definition der „Bemessungslebensdauer”, die im Jahr 2014 durch die Normen über die Arbeitsweise von Leuchten (DIN EN 62722-1; Arbeitsweise von Leuchten - Teil 1: Allgemeine Anforderungen, DIN EN 62722-2-1; Teil 2-1: Besondere Anforderungen an LED-Leuchten) und LED-Modulen (DIN IEC/PAS 62717; LED-Module für Allgemeinbeleuchtung - Anforderungen an die Arbeitsweise) vorgeschlagen wurde.

Diese allgemeinere Darstellung in der Form LxBy (z.B.: L80B10 = 50.000h) beschreibt ebenfalls den prozentualen Restlichtstrom einer Leuchte nach Ablauf der angegebenen Betriebszeit, jedoch nicht als statistischen Mittelwert. Der zusätzliche Index y gibt hingegen an, welcher prozentuale Anteil einer großen Gruppe Leuchten diesen Lichtstrom unterschreitet und wird „Gradual failure fraction” genannt. Die „mittlere Bemessungslebensdauer” Lx ergibt sich folglich für y = 50 (bzw.LxB50), wobei der y-Wert in dieser Darstellung (Lx) nicht angegeben werden muss.

Die Abweichung zwischen der „mittleren Bemessungslebensdauer” Lx und einer „Bemessungslebensdauer” LxBy hängt vom Wert des Index y und von der statistischen Streuung der Degradation ab.

Insbesondere muss grundsätzlich für eine breite Streuung der Degradationgerechnet werden, dass die Anwendung der „mittleren Bemessungslebensdauer” Lx auf Einzelleuchten eine Unterschreitung geforderten Mindestbeleuchtungsstärke bewirken kann (siehe Abbildung). Um dies zu vermeiden, ist in der Vergangenheit die Angabe der Bemessungslebensdauer häufig auf eine geringere „Gradual failure fraction” bezogen worden (z. B. B10).

Abbildung 3.254: oben
Bei breiter Streuung kann die Degradation einzelner Leuchten weit vom Mittelwert abweichen und daher im praktischen Einzelfall zu einem erheblich reduzierten Beleuchtungsniveau führen. Bei geringer Streuung ist diese Abweichung vernachlässigbar.

mittig
Für den Einsatz von Einzelleuchten ist es bei breiter Streuung der Degradation daher sinnvoll, sich auf eine geringe „Gradual failure fraction” (z. B. B10) zu beziehen. Bei geringer Streuung kann die Abweichung der individuellen Degradation vom Mittelwert für Einzelleuchten vernachlässigt werden.

unten
Für die Angabe des Restlichtstroms mit Bezug auf eine geringe „Gradual failure fraction” (z. B. B10) ergibt sich im Umkehrschluss, dass der statistische gemittelte Restlichtstrom bei einer breiten Streuung der Degradation erheblich höher anzunehmen ist. Bei geringer Streuung ist der Einfluss der „Gradual failure fraction” vernachlässigbar.

Für große Beleuchtungsanlagen konnte der Wert der Beleuchtungsstärke auf Grund der statistischen Verteilung dann hoch gerechnet werden (siehe Abbildung, unten). Die Umrechnung setzte jedoch die Kenntnis der Breite der Streuung voraus und konnte daher nur in Absprache mit dem Hersteller der Leuchte erfolgen.

Mit dem technologischen Fortschritt der vergangenen Jahre ist die Breite der statistischen Streuung der Degradation stark zurück gegangen. Die Abweichung der Degradation einer Einzelleuchte vom statistischen Mittelwert ist für Qualitätsleuchten heute weitgehend vernachlässigbar. Damit ist auch der Wert der „Gradual failure fraction” By heute kaum noch relevant. Die allgemeine Anwendung der „mittleren Bemessungslebensdauer” Lx ist daher für Qualitätsleuchten praxistauglich und gemäß der oben genannten Branchenvereinbarung der Beleuchtungsindustrie seit geraumer Zeit im Markt als Standard etabliert.

Bemessungslebensdauer und Bemessungstemperatur

Als Halbleiterelement, in dem elektrische Energie umgesetzt wird, ist die LED - ähnlich wie ein Leistungstransistor in einem Verstärker oder ein Prozessor in einem Computer - temperaturempfindlich. Insbesondere hängt das Maß der Lichtstromdegradation - und damit auch die Bemessungslebensdauer - von der Betriebstemperatur der LED in der Leuchte ab. Sichere Angaben zur Lebensdauer setzen daher ein zuverlässiges Thermomanagement der LED-Leuchte voraus (siehe auch Kapitel, "Thermomanagement") und beziehen sich im Normalfall auf eine Umgebungstemperatur (Bemessungstemperatur) von 25° C, wenn vom Hersteller nicht anders angegeben. In Anlehnung an die oben genannten Normen besteht die Möglichkeit, im Datenblatt eine von 25° C abweichende Umgebungstemperatur tq anzugeben, in dem die ausgewiesenen technischen Qualitätsmerkmale erreicht werden (siehe auch Kapitel „Betriebsbedingungen” und Kapitel „Produktqualität”).

Auswirkungen des Dimmbetriebes auf die Lichtstromdegradation von LED-Leuchten

Die Bemessungslebensdauer einer LED-Leuchte wird für den 100%-Betrieb, also den Dauerbetrieb mit dem Nennstrom in einer Umgebung mit der Bemessungstemperatur (siehe oben) bestimmt. Das Thermomanagement sorgt dafür, dass unter diesen Umständen die Temperatur im Inneren der LED einen erforderlichen Grenzwert nicht überschreitet. Für die Bestimmung der Temperatur wird ein geeigneter Referenz-Messpunkt, der Solderpoint, im Bereich der Befestigungsfläche der LED definiert.

Eine Erhöhung der Umgebungstemperatur über die Bemessungstemperatur hinaus würde zu einer entsprechenden Erhöhung der Temperatur am Solderpoint führen und damit den Degradationsprozess beschleunigen. Ein typischer Wert für hochwertige LED ist eine Erhöhung der Degradation von 10 % bei 10° Temperaturerhöhung.

Darüber hinaus ist die Degradation aber auch vom Betriebsstrom und damit von der Leistungsaufnahme der LED abhängig. Hochwertige LED zeigen hier z. B. ca. eine Verdoppelung der Lebensdauer, wenn der Strom auf ein Drittel des Nennwertes reduziert wird.

Der Betriebsstrom erzeugt jedoch auch Wärme, die der LED im Betrieb zugeführt wird, und bewirkt wiederum eine relative Erhöhung der Temperatur am Solderpoint zur Umgebung. Im gedimmten Betrieb der LED verringert sich die Temperatur im Vergleich zum 100%-Betrieb entsprechend (proportional) der elektrischen Leistungsaufnahme. Abbildung  zeigt diesen Zusammenhang für einen tageslichtabhängigen Dimmbetrieb am Beispiel einer Fallstudie, die bei TRILUX im Jahr 2016 bis 2017 durchgeführt wurde.

Die Einflüsse von Betriebsstrom und Temperatur auf die Degradation überlagern sich. Da sich in der Branche bisher keine allgemeine Form zur Beschreibung dieser Zusammenhänge etabliert hat, kann hier nur auf die exemplarischen Ergebnisse unserer Fallstudie verwiesen werden. Dort ergibt sich:

  • aus einer Leistungsreduzierung um 50 % eine Verlängerung der Lebensdauer um ca. 40 %, sowie

  • eine Absenkung der Solderpoint-Temperatur um 20° und somit eine zu erwartende Verlängerung der Lebensdauer um ca. 20 %, bezogen auf den 140%-Wert.

Insgesamt folgt bei Betrachtung der Fallstudie bei einem 50%-Dimmbetrieb also eine Verlängerung der Lebensdauer um ca. 70 %.

Für zahlreiche, unterschiedliche Anwendungen (Nutzerprofile) gibt die Norm DIN V 18599 Hinweise auf Betriebszeiten und zu erwartende Lichtstrom- bzw. Leistungsreduzierung durch Dimmen (siehe Kapitel  „Energieeffizienz von Gebäuden, Deutsche Norm DIN V 18599”). Die oben ermittelte 70 %-ige Verlängerung der Lebensdauer kann in Anlehnung an die Betrachtungsweise dieser Norm auch als Reduzierung der effektiven Betriebszeit angesehen werden. Für eine Dimmung um durchschnittlich 50 % ergibt sich eine Reduzierung der degradations-effektiven Betriebszeit teff, Deg um 100/170 auf ca. 60 % (siehe Kapitel  „Wartungsfaktoren in Beispiel-Anwendungen”).

Abbildung 3.255:

Beispielhafte Darstellung der Abhängigkeit der Temperatur am Solderpoint von der Leistungsaufnahme
einer LED-Leuchte im tageslichtabhängigen gedimmten Ein-Schicht-Betrieb der TRILUX-Lehrwerkstatt.

Ausfallrate

Totalausfälle von LED-Lampen bzw. -Leuchten werden durch den Cz-Wert (catastrophic failure) gekennzeichnet, wobei der Zahlenwert von z die zu einem gegebenen Zeitpunkt zu erwartende Ausfallrate in Prozent angibt.1

Eine Angabe zur Klassifizierung einer Leuchte

C5 = 100.000h, bei tq = 35° C

würde also z. B. bedeuten, dass bei einer Umgebungstemperatur von 35° C nach einer Betriebszeit von 100.000 Stunden diese LED-Leuchten eine Totalausfallrate von 5 % aufweisen.

Der Wert der Totalausfallrate am Ende der mittleren Bemessungslebensdauer Lx (B50, siehe oben) einer Leuchte wird als AFV („Abrupt Failure Value“) bezeichnet. In der Praxis stellen sich allerdings signifikante Ausfallraten bei LED-Produkten erst zu Zeitpunkten weit fortgeschrittener Degradation ein. Bei Angaben der mittleren  Bemessungslebensdauer mit x ≥ 80 ist der AFV daher vernachlässigbar gering.

Bei der Ermittlung des Wartungsfaktors ist die Totalausfallrate durch den LSF („Lamp Survival Factor”) zu  berücksichtigen (siehe auch Kapitel, „Der Lampenwartungsfaktor einer LED-Leuchte”).

 

Der Lampen-Überlebensfaktor LSF spielt daher bei der Ermittlung von Wartungsfaktoren in der Regel erst nach Ablauf der Bemessungslebensdauer eine Rolle. In den Tabellen im Kapitel, „Der Lampenwartungsfaktor einer LED-Leuchte”, ist er bereits berücksichtigt.

Bemessungslebensdauer bei Konstantlichtstrom-Regelung

Mit der Konstant-Lichtstrom-Regelung (CLO, constant light output) wird der Lichtstrom eines LED-Produktes innerhalb der Bemessungslebensdauer konstant auf das Niveau des am Ende der Bemessungslebensdauer statistisch zu erwartenden Restlichtstroms geregelt. Wird dieser Lichtstrom einer Beleuchtungsplanung zu Grunde gelegt, kann bis zum Ende der Bemessungslebensdauer Energie gespart werden, die sonst nur zu einer nicht benötigten Überbeleuchtung führen würde.

Für eine Leuchte mit der Bemessungslebensdauer Lx gilt:

und

mit

  • Φ(t), dem Lichtstrom der Leuchte zum Zeitpunkt t,

  • Lx, der mittleren Bemessungslebensdauer,

  • Φ'B, dem Bemessungslichtstrom (Lichtstrom im Neuzustand) einer Leuchte gleicher Bemessungslebensdauer ohne CLO

  • x, dem prozentualen Restlichtstrom von Φ'B am Ende der Bemessungslebensdauer.

Abbildung 3.256: Beispielhafte Darstellungen der zeitlichen Lichtstromverläufe bezogen auf den Wartungswert zum Zeitpunkt des Bemessungslebensdauer-Endes Lx in Abhängigkeit des degradationsabhängigen Restlichtstroms x. Die Leistungsaufnahme in der unteren Grafik ist auf die Bemessungsleistung der gleichen Leuchte mit CLO bezogen (siehe Abbildung).

Abbildung 3.257: Beispielhafte Darstellungen der Lichtstromrückgänge und der Leistungsregelung bei Konstant-Lichtstrom-Schaltung (CLO) über einen Zeitraum von 1,5 ⋅Lx.

Nach Ablauf der Bemessungslebensdauer kann die Degradation nicht mehr kompensiert werden und der Lichtstrom der Leuchte nimmt in gleicher Weise ab, wie er es auch bei einer Leuchte ohne Konstant-Lichtstrom-Regelung tun würde (siehe Abbildung und Abbildung).

Im Datenblatt solcher Leuchten wird im Allgemeinen die im Neuzustand der Leuchte erforderliche Leistungsaufnahme Pneu zur Bereitstellung des konstant gehaltenen Lichtstroms Φneu angegeben. Außerdem sollte der am Ende der Bemessungslebensdauer benötigte Wert Px der Leistungsaufnahme angegeben sein.

Für eine gegebene mittlere Bemessungslebensdauer Lx ergibt sich:

Nach dem Ende der Bemessungslebensdauer, wenn der Lichtstrom Φneu nicht mehr gehalten wird, ist die Leistungsaufnahme konstant. Sie hat ihren Maximalwert erreicht:

Im Verlauf der Bemessungslebensdauer nimmt die Leistungsaufnahme stetig zu (siehe Abbildung):

Der sich so ergebende zeitabhängige Faktor, mit dem sich die Leistungsaufnahme erhöht, wird als Leistungs- Lebensdauer-Faktor mit der Bezeichnung PLF definiert:

In den Tabellen im Kapitel  "Der Lampenwartungsfaktor einer LED-Leuchte", werden die sich ergebenden Werte des PLF mit aufgeführt.

Der Energiebedarf Wneu(t) einer neu installierten Leuchte bis zu einem Zeitpunkt t innerhalb der Bemessungslebensdauer ergibt sich - als statistischer Mittelwert - zu:

In einigen Druckwerken wird der Index der Totalausfallrate C mit dem Buchstaben „y” bezeichnet. Aus Gründen der besseren Unterscheidung vom Index der „Gradual failure fraction” By wird hier das „z” als Index gewählt.

Der TRILUX LIFETIME RECHNER ermöglicht die Ermittlung des LLMF und LSF von LED-Leuchten in Abhängigkeit von der Nutzungsdauer und der Umgebungstemperatur, sowie die Umrechnung zwischen unterschiedlichen Lebensdauer-Spezifikationen (z.B. von L80 nach L70, siehe auch Kapitel "Lebensdauer von LED-Leuchten").  Der Wartungsfaktor (MF) kann ermittelt werden, wenn der LMF und der RMF der Anwendung bekannt sind.